Die Kleine Magellansche Wolke in H-alpha - Astrodeepsky

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Die HII-Regionen in der Kleinen Magellanschen Wolke
Die Kleine Magellansche Wolke, oder auch SMC (Small Magellanic Cloud), ist eine „irreguläre Zwerggalaxie“ in der Nähe unserer Milchstraße. Sie ist galaktische 200.000 Lichtjahre und mehr von uns entfernt und gehört damit (auch wenn die Entfernung anderes vermuten lässt) zur lokalen Galaxiengruppe. Hierzu gehören neben der Milchstraße und der Andromedagalaxie noch etwa 60 weitere kleine Galaxien. Soweit Wikipedia. Wer auf der irdischen Südhalbkugel in die Sterne guckt, kann mit bloßem Auge beobachten, wie sich die Kleine Magellansche Wolke (und die Große Magellansche Wolke natürlich auch) im Laufe der Nacht um den Himmelspol dreht.
Das Bild rechts zeigt den Blick zum Himmelssüdpol auf der Astrofarm Kiripotib in Namibia. Rechts oben sieht man das Band der Milchstraße (der dunkle Fleck ist der „Kohlensack“), rechts unten am Horizont die Große Magellansche Wolke und links die Kleine Magellansche Wolke (Canon EOS 20Da, 18-135mm Sigma-Zoom-Objektiv, 18mm Brennweite, Blende 4, 544 Sekunden Belichtung, 02.06.2011).
Für eine Animation bitte auf das Bild rechts klicken!
Nimmt man die Kleine Magellansche Wolke mit einem Teleobjektiv ins Visier (Bild oben), wird ihre irreguläre, formlose Struktur sichtbar und natürlich der prächtige Kugelsternhaufen NGC104 (auch 47 Tucanae) in scheinbarer Nähe. Scheinbar, denn NGC104 ist „nur“ etwa 17.000 Lichtjahre von uns entfernt und gehört damit nicht zur Kleinen Magellanschen Wolke, sondern noch zu unserer Milchstraße (Canon EOS 60Da, Sigma-Teleobjektiv 2.8/150mm Brennweite, Blende 4.5, 30 x 180 Sekunden Belichtung, 14.09.2012, Kiripotib, Namibia).
Viele Hobbyastronomen haben die Kleine Magellansche Wolke nicht in ihrem Beobachtungsprogramm - sie steht bei ihnen im Ruf eher langweilig zu sein. Das sehe ich anders!
Das Bild oben zeigt die SMC im Licht der H-alpha-Spektrallinie. In den nun sichtbaren rötlichen Nebeln wird interstellares Wasserstoffgas von heissen, jungen Sternen zum Leuchten angeregt. Diese HII-Regionen stehen in der Regel in Verbindung mit Gebieten erhöhter Sternentstehung (bitte auf das Bild oben klicken für eine vergrösserte Ansicht).
Kamera: QSI583wsg, Optik: Veloce RH200 mit 600mm Brennweite, Filtersatz: Astronomik Rot-Grün-Blau- und 12nm-H-alpha-Filter, Belichtung: je R-G-B-Filter 5 x 300 Sekunden + 5 x 600 Sekunden H-alpha, Mosaik aus vier Aufnahmen, Gesamtbelichtungszeit: 8 Stunden und 20 Minuten, 02.-06.09.2013, Kiripotib, Namibia).
Die Emissionsnebel werden noch deutlicher sichtbar, wenn man ein Schwarz-Weiß-Bild (ohne RGB-Daten) aus den Aufnahmen mit dem H-alpha-Filter erstellt (bitte auf das Bild links klicken für eine vergrösserte Ansicht).
Die Recherche zur Identifizierung der hier sichtbaren Nebel im Internet ergab drei Quellen (natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Die erste Quelle ist der bekannte „New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars“ (NGC) und der zugehörige Index Catalogue (IC): hier sind nur die hellsten Nebel der Kleinen Magellanschen Wolke verzeichnet (etwa 8 Objekte, im Bild unten mit den Kürzeln „NGC“ oder „IC“ gekennzeichnet).
Die zweite Quelle ist das von K. Henize 1956 veröffentlichte Ergebnis einer Durchsicht von Photoplatten der Magellanschen Wolken. Ich habe diesen „Henize Catalogue“ in einer Überarbeitung von Mati Morel vom 18.08.2001 verwendet (Umrechnung der Koordinaten auf die Epoche J2000) und anhand der Koordinaten und mit Hilfe des Himmelskatalogs sky-map.org die Nebel auf meiner Aufnahme identifiziert. Sie sind mit dem Kürzel „N“ gekennzeichnet.
Im Bild links (das invertierte Bild von oben) sind die Objekte aus dem NGC- und dem Henize-Katalog beschriftet. Es zeigt sich, dass der Henize-Katalog oftmals auf Koordinaten verweist, an denen sich kein Nebel befindet und dass auf der anderen Seite in derAufnahme deutlich sichtbare Nebel keinen Katalogeintrag haben (bitte auf das Bild links klicken für eine vergrösserte Ansicht).
Als dritte Quelle habe ich eine Veröffentlichung von R. D. Davies, K. H. Elliott und J. Meaburn aus dem Jahr 1976 gefunden, in der ebenfalls eine photographische Durchmusterung von Nebelkomplexen der Magellanschen Wolken ausgewertet wird. Die in diesem „DEM-Katalog“ gelisteten Objekte kann ich (bis auf wenige Ausnahmen ausserhalb des Aufnahmeausschnitts) allesamt Nebelgebieten in meiner Aufnahme zuordnen (bitte auf das Bild links klicken für eine vergrösserte Ansicht).
Fazit: Nach intensiver Beschäftigung mit den genannten Katalogen und im Abgleich mit meinen eigenen Aufnahmen stelle ich fest, dass für den „DEM-Katalog“ erheblich besseres Fotoplattenmaterial zur Verfügung stand oder die Durchmusterung entsprechend gründlicher vorgenommen wurde. Dies sind aber nur zwei von wahrscheinlich einer ganzen Reihe weiterer möglichen Gründe. Es verwundert mich aber nicht, dass laut Wikipedia der „DEM-Katalog“ bis heute als eine der wichtigsten Durchmusterungen der Nebel der Magellanschen Wolken gilt.
Quellen
Wikipedia
K.G. Henize, 956, Astrophys. J. Suppl. 2,315
Morel Astrographics : Stellar Data; Variable Stars; Charts ; Mati Morel, 2001 August 18
R. D. Davies, K. H. Elliott, J. Meaburn: The Nebular Complexes of the Large and Small Magellanic Clouds. In: Memoirs of the Royal Astronomical Society, Jg. 81 (1976), S. 89–128

Osnabrück, im Februar 2014
Gerhard Althoff
30.10.2023
Gerd Althoff
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